Hintergrund
Wer an einer Depression leidet, ist mit vielen Unsicherheiten befasst: Bin ich krank oder nur traurig, gleichgültig, schlapp? Wenn ich krank bin: Was lässt sich tun? Wann, wo und warum könnte es sein, dass ich professionelle Hilfe brauche? Wenn ich von einer Ärztin als depressiv diagnostiziert worden bin, was bedeutet das für mein Berufs- und für mein Privatleben – und mein Umfeld? Was ändert sich – und was kann ich selber ändern?
Ich leide an einer chronischen Depression, die mich bereits ein Leben lang begleitet und die immer wieder aufgeflackert ist – manchmal derart heftig, dass eine Einweisung in eine Klinik unumgänglich wurde. Dabei habe ich zweierlei gelernt: Eine chronische Depression lässt sich nicht heilen, aber man kann lernen, damit mit ganz verschiedenen Strategien umzugehen. Und es ist entscheidend, dass ich gelernt habe, über meine Krankheit auch zu sprechen. Das braucht zuerst Überwindung und dann Training. Mit einem Beinbruch herumzulaufen ist einfach – der Gips, die Krücken sprechen für mich, und der Beinbruch wird früher oder später vorbei sein. Der gesellschaftliche Umgang mit einer Depression ist hingegen schwierig: Vielleicht wissen die anderen nicht, wie man mit mir umgehen soll; vielleicht bekomme ich kluge Ratschläge («Nimm Dich doch einfach zusammen!», «Hör auf zu jammern!», «Das ist doch wirklich nichts Schlimmes!»), die mich noch mehr in die Isolation treiben; vielleicht schäme ich mich auch einfach («Die halten mich doch für ein Weichei!», «Ein Indianer kennt keinen Schmerz», «Vielleicht bin ich ja einfach ein Simulant?»).
Wenn jemand in eine Klinik eintreten muss, dann verstummt sie in der Regel – tagelang. Man fühlt sich als Gespenst unter Gespenstern, weicht allem aus. Erst mit der Zeit kommt man zur Erkenntnis, dass eine Klinik gleich doppelt wertvoll ist: Mit den Fachleuten kann man besser über seine Situation sprechen als mit allen Menschen vor dem Klinikeintritt. Und mit etwas Glück ergibt sich auch ein Austausch unter den Patientinnen selber, und man darf feststellen, dass man kein absoluter Spezialfall ist, sondern Patentin unter anderen Patienten.
Aus diesem Grund biete ich uns einen Treffpunkt an: Um frei reden zu können und zu realisieren, dass man nicht allein ist. Wir werden uns dabei nicht wechselseitig heilen, wohl aber helfen können. Das Erzählen in einem geschützten Rahmen tut gut, das Zuhören tut gut, und der Austausch eben nicht nur von schlechten, sondern auch von guten Erfahrungen kann tragen und ermutigen.
NB. Wer sich nicht traut, an einen Treff zu kommen, darf mich gerne direkt kontaktieren für ein Gespräch unter vier Augen. Meine berufliche Schweigepflicht gilt weiterhin.